Jungs sind neugierig - vor allem, wenn es um Mädchen geht. Und manchmal sind die Unnahbaren am interessantesten. Kein Wunder, dass ein Junge nicht widerstehen kann, als er ein Mädchen entdeckt, das nur kurz im Regen sichtbar ist und dann verschwindet. Er folgt der Gestalt in eine seltsame Parallelwelt. Warum auch ihr diesen Schritt in Rain wagen solltet, verrät der Test.
Video: Rain wurde von Sony Japan (u.a. Puppeteer, Echochrome) und Acquire (u.a. Tenchu, Way of the Samurai) exklusiv für PlayStation Network entwickelt.
Von einer unheimlich stimmungsvollen Klaviermusik begleitet, erforsche ich mit dem namenlosen Jungen die düstere Kulisse einer europäisch anmutenden, scheinbar komplett verlassenen Stadt – der Regen und die Leere wirken wie ein Fluch. Zwar sieht das Ganze en Detail eher solide als beeindruckend aus, aber es entsteht dennoch eine eindringliche Atmosphäre. Das liegt vor allem an einer außergewöhnlichen Akustik, die auch Klassik zitiert: Die mal behutsam lockenden, mal lieblich tröpfelnden und plötzlich forsch treibenden Töne sorgen im Wechsel für Traurigkeit, Melancholie und Gefahr. Man fühlt sich fast ein wenig an ICO erinnert.
Willkommen im Land der Silhouetten
Wo sind all die Menschen dieser Stadt? Warum ist man als Silhoutte unterwegs und nur im Regen sichtbar?
Was es mit den beiden erzählerisch auf sich hat und warum da scheinbar ein Fluch vom Himmel prasselt, gilt es über acht Kapitel herauszufinden. Dabei werden die Hintergründe nicht über Dialoge oder Filme, sondern nur über Texte, manchmal auch symbolisch über Malereien im Aquarellstil greifbar. Das ist sehr ansehnlich und interessant. Schade ist allerdings, dass man hinsichtlich des Storytellings nicht etwas mutiger war und komplett auf Einblendungen verzichtet hat. Außerdem bekommt man erst bei einem zweiten Anlauf Zugriff auf die Erinnerungen, die so manche Lücke in der Geschichte schließen - das ist ärgerlich.
Auf der Flucht vor Monstern
Man erkundet aber nicht nur eine mysteriöse, sondern vor allem eine gefährliche Welt. Nach Ruhephasen trifft man immer wieder auf umher streifende Monster, die ebenfalls nur im Regen als Silhouetten zu erkennen sind. Mit ihren verformten Gliedmaßen wollen sie so gar nicht in die Stadt passen. Zwar kann man nicht aktiv gegen sie kämpfen, aber man kann sie z.B. in Fallen locken, damit sie unter Trümmern begraben werden. Im Zentrum des Spiels steht jedoch das Ausweichen und Vermeiden dieser Kreaturen, indem man sichere Zonen wie Nischen oder Brücken findet oder selbst Bereiche erschafft, in denen es nicht regnet - dort können einen die Monster nicht sehen. Das ist auch wichtig, denn ein Hieb
Mal hilft die Flucht, mal das Schleichen: Man darf sich nie von den Monstern schnappen lassen.
Und man darf sich nicht zu sicher sein, denn manchmal reicht es nicht, nur dem Regen zu entgehen: Wer Schlamm an den Füßen hat, muss auch diesen erstmal loswerden, sonst verraten einen die Spuren. Je nach Schauplatz gibt es andere Möglichkeiten, diesen nebulösen Kreaturen zu entgehen. Man ist nicht nur in Hinterhöfen unterwegs, sondern auch auf einem Friedhof sowie in einer Fabrik. Die Kamera darf man übrigens nicht frei drehen, zudem geht es recht linear vorwärts, was beides recht altmodisch anmutet. Es gilt immer wieder, clever mit der Kulisse interagieren, um z.B. für ablenkende Geräusche zu sorgen oder über Schalter Wege zu ebnen, um rechtzeitig fliehen zu können. Da kann man sich bei einem Absprung auch schonmal vertun, wenn man nur das aufspritzende Wasser vor seinen Füßen sieht - trotzdem ist die Steuerung sehr präzise. Zwar wiederholen sich die etwas zu schnell durchschauten Elemente mit der Zeit, aber es entsteht neben der emotionalen Anbindung an die beiden Helden ein charmantes Rätsel- und Schleich-Flair.
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